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Die alleinige Abrufbarkeit einer Widerrufsbelehrung auf einer gewöhnlichen Website stellt keine formgerechte Mitteilung der Widerrufsbelehrung an den Verbraucher dar

Der BGH hatte sich erneut mit den Formalien einer Widerrufsbelehrung zu beschäftigen.Die alleinige Abrufbarkeit der Widerrufsbelehrung auf einer Webseite genügt den Anforderungen der Textform nicht. Vielmehr muss der Verbraucher die Widerrufsbelehrung

Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. Mai 2014, Az. III ZR 368/13


Der Bundesgerichtshof hatte sich in seiner Entscheidung erneut mit der formgerechten Mitteilung einer Widerrufsbelehrung beschäftigen dürfen. Dabei stellt der BGH klar, dass die alleinige Abrufbarkeit der Widerrufsbelehrung auf einer Webseite den Anforderungen nicht genügt. Vielmehr muss der Verbraucher die Widerrufsbelehrung ausdrucken oder abspeichern bzw. diese in Textform erhalten. Die Beweislast hierfür trifft den Unternehmer.
Die Besonderheit des zu entscheidenden Falles war, dass der Unternehmer auf seiner Webseite eine Bestätigung verlangte, dass die Widerrufsbelehrung zur Kenntnis genommen und ausgedruckt oder abgespeichert wurde. Der Bundesgerichtshof stellt klar, dass eine solche Klausel am AGB-Recht zu messen ist und als Klausel ohne Wertungsmöglichkeit gemäß § 309 Nr. 12 Ziffer b BGB unwirksam ist.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. Mai 2014, Az. III ZR 368/13

Leitsätze der Entscheidung:
a) Die bloße Abrufbarkeit einer Widerrufsbelehrung auf einer gewöhnlichen Webseite ("ordinary website") des Unternehmers reicht für die formgerechte Mitteilung der Widerrufsbelehrung an den Verbraucher nach § 355 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 126b BGB nicht aus (Anschluss an BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 66/08, NJW 2010, 3566).
b) Die vom Unternehmer in einem Online-Anmeldeformular vorgegebene, vom Kunden (Verbraucher) bei der Anmeldung zwingend durch Anklicken mit einem Häkchen im Kontrollkasten zu versehende Bestätigung
"Widerrufserklärung O Widerrufsbelehrung zur Kenntnis genommen und ausgedruckt oder abgespeichert?"
ist gemäß § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB sowie deshalb unwirksam, weil sie von den verbraucherschützenden Regelungen in § 355 Abs. 2 und 3, § 360 Abs. 1 BGB zum Nachteil des Verbrauchers abweicht.
c) Ist eine vom Unternehmer vorformulierte Bestätigung des Kunden unwirksam, so kann der Unternehmer dem Widerruf des Kunden nicht den Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegenhalten und gegen den Kunden auch keinen Schadensersatzanspruch wegen arglistiger Täuschung oder sonstiger Treuepflichtverletzung geltend machen, indem er den Vorwurf erhebt, dass der Kunde diese Bestätigung wahrheitswidrig erteilt habe.
BGH, Urteil vom 15. Mai 2014, Az. III ZR 368/13

Kurzfassung:
Der Bundesgerichtshof hatte sich in seiner Entscheidung erneut mit der formgerechten Mitteilung einer Widerrufsbelehrung beschäftigen dürfen. Dabei stellt der BGH klar, dass die alleinige Abrufbarkeit der Widerrufsbelehrung auf einer Webseite den Anforderungen nicht genügt. Vielmehr muss der Verbraucher die Widerrufsbelehrung ausdrucken oder abspeichern bzw. diese in Textform erhalten. Die Beweislast hierfür trifft den Unternehmer.
Die Besonderheit des zu entscheidenden Falles war, dass der Unternehmer auf seiner Webseite eine Bestätigung verlangte, dass die Widerrufsbelehrung zur Kenntnis genommen und ausgedruckt oder abgespeichert wurde. Der Bundesgerichtshof stellt klar, dass eine solche Klausel am AGB-Recht zu messen ist und als Klausel ohne Wertungsmöglichkeit gemäß § 309 Nr. 12 Ziffer b BGB unwirksam ist.
Die Entscheidung macht deutlich, dass Unternehmer sich nicht über einschlägige Klauseln mittels Checkbox freizeichnen können. Die zwangsweise Bestätigung des Hinweises stellt eben gerade nicht sicher, dass der Verbraucher die Widerrufsbelehrung ausgedruckt oder abgespeichert hat.

Rechtsnorm:
§ 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit
Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam
[...]
12. Beweislast
eine Bestimmung, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, insbesondere indem er
a) diesem die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen, oder
b) den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lässt;
[...]

Auszüge aus den Entscheidungsgründen:
Aus dem Erfordernis der "Mitteilung" der Widerrufsbelehrung an den Verbraucher "in Textform" (§ 355 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 sowie § 126b BGB, ebenfalls in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung) und der Betrachtung der mit den bis zum 12. Juni 2014 gültigen einschlägigen Normen des Bürgerlichen Gesetzbuchs korrespondierenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts (s. insb. Art. 4 Abs. 1 Buchst. f und Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, ABl. EG 1997 Nr. L 144 S. 19; Erwägungsgrund Nummer 20 der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG, ABl. EG 2002 Nr. L 271 S. 16) ergibt sich, dass die für die Widerrufsbelehrung erforderlichen Informationen in einer zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise sowohl vom Unternehmer abgegeben werden als auch dem Verbraucher zugehen müssen. Die bloße Abrufbarkeit der Widerrufsbelehrung auf einer gewöhnlichen Webseite ("ordinary website") des Unternehmers reicht hiernach nicht aus, weil die Belehrung auf diese Weise nicht in einer unveränderlichen textlich verkörperten Gestalt in den Machtbereich des Verbrauchers gelangt. Erforderlich ist in diesem Falle vielmehr, dass der Verbraucher die Belehrung per Briefpost oder E-Mail erhält oder auf seinem Computer abspeichert oder selbst ausdruckt. Dies entspricht der nahezu einhelligen Ansicht in der Rechtsprechung und im Schrifttum (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 66/08, NJW 2010,[...]). Diese Auffassung wird auch vom Gerichtshof der Europäischen Union geteilt (Urteil vom 5. Juli 2012 - C-49/11 Content Services, NJW 2012, 2637, 2638 f Rn. 32 ff). Es ist Aufgabe des Unternehmers, dem Verbraucher die Belehrung in Textform zu übermitteln, und nicht Aufgabe des Verbrauchers, sich diese Belehrung selbst zu verschaffen (vgl. hierzu EuGH aaO S. 2638 Rn. 32 bis 37; Schlussantrag des Generalanwalts Paolo Mengozzi vom 6. März 2012 in der Rechtssache C-49/11 Nr. 24 f).
[...]
Entgegen der Meinung der Klägerin hält der vorgegebene Kontrollkasten den Verbraucher auch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dazu an, die Widerrufsbelehrung durch Ausdrucken in Papierform zu sichern oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger abzuspeichern. Der Anmeldevorgang kann nach dem Ankreuzen des Kontrollkastens nämlich auch dann ungehindert fortgesetzt werden, wenn die Widerrufsbelehrung weder aufgerufen noch ausgedruckt oder abgespeichert worden ist. Ein "Zwangsdownload" (zu diesem Begriff s. Reiff, ZJS 2012, 432, 435, 436; ders. in Festschrift für Bernd von Hoffmann, 2011, S. 823, 831, 832 f) ist nicht vorgesehen. Die bloße Möglichkeit des Ausdruckens oder Speicherns reicht nicht, um den erforderlichen Zugang der Informationen beim Verbraucher ohne dessen weiteres Zutun sicherzustellen. Die Widerrufsbelehrung war zudem auf der Webseite der Klägerin nicht abgebildet, sondern lediglich über einen Hyperlink aufrufbar. Dies genügt den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nicht (vgl. EuGH aaO S. 2638 f Rn. 32 ff).
Der Beklagten ist es entgegen der Ansicht der Revision auch nicht gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf den Mangel der (formgerechten) Mitteilung der Widerrufsbelehrung zu berufen, weil die Beklagte - wie von der Klägerin behauptet - durch Setzen eines Häkchens im betreffenden Kontrollkasten bestätigt habe, die Widerrufsbelehrung ausgedruckt oder abgespeichert zu haben.
Eine derartige von der Beklagten abgegebene "Bestätigung" hätte keine Wirkungen entfaltet. Denn die von der Klägerin vorformulierte Bestätigung hält einer Inhaltskontrolle gemäß § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB nicht stand und weicht von den verbraucherschützenden Regelungen in § 355 Abs. 2 und 3, § 360 Abs. 1 BGB zum Nachteil des Verbrauchers ab.

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