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Eine Entgeltklausel für einen Grundeintrag in einem Branchenverzeichnis kann als überraschende Klausel unwirksam sein

Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. Juli 2012, Az. VII ZR 262/11

Der Bundesgerichtshof erteilte einer versteckten Klausel über die Zahlungspflichtigkeit eines Grundeintrags in einem Internet-Branchenverzeichnis eine klare Absage. Der Hinweis auf eine Entgeltlichkeit des Grundeintrags war von der Aufmachung im Auftragsformular dermaßen unauffällig gestaltet, dass sie als überraschende Klausel nach § 305 c Absatz 1 BGB nicht Vertragsbestandteil werden konnte.
In seinem Urteil verwies der BGH auch darauf, dass Grundeinträge in Branchenverzeichnissen überwiegend kostenfrei sind und daher mit einer Entgeltpflichtigkeit im Kleingedruckten nicht gerechnet werden muss.
Wird eine Leistung (hier: Grundeintrag in ein Branchenverzeichnis im Internet) in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten, so wird eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet wird, gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. Juli 2012, Az. VII ZR 262/11

Sachverhalt:
Die Klägerin, die ein Branchenverzeichnis im Internet unterhält, übersandte um Eintragungen zu gewinnen an Gewerbetreibenden ein Formular, welches sie als "Eintragungsantrag Gewerbedatenbank..." bezeichnete.
In dem Formular sollten Angaben zum Gewerbe, insbesondere Kontaktdaten gemacht werden. Ferner findet sich dort folgender Hinweis:
"Hinweise zum Ersteintragungsantrag, Leistungsbeschreibung sowie Vertragsbedingungen, Vergütungshinweis sowie Hinweis nach § 33 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz):

"Sehr geehrte Damen und Herren, die Aufnahme in unser gewerblich geführtes Verzeichnis erfolgt erst nach Rücksendung des Formulars. Wir bieten Ihnen die Veröffentlichung Ihrer nebenstehenden Daten in unserem Branchenverzeichnis im Internet gemäß umseitiger Nr. 4 AGB gegen Entgelt an. Vertragslaufzeit zwei Jahre, die Kosten betragen 650 Euro netto pro Jahr. Die umseitigen AGB sind fester Bestandteil Ihres nebenstehenden Antrags. Die gesetzlichen Veröffentlichungspflichten Ihrer Daten sind von diesem Angebot nicht berührt. Es besteht zwischen uns aktuell keine Geschäftsbeziehung, es besteht keine Verpflichtung zur Rücksendung des Antrags. Der Auftrag zur Eintragung gilt durch Rücksendung als unwiderruflich erteilt. Beachten Sie, dass nach Erteilung des Auftrages kein Rücktritt mehr möglich ist..."
 

Die Klägerin nahm einen Gewerbetreibenden auf Grund dieser Regelung auf Zahlung in Höhe von 773,50 € brutto in Anspruch.

Wortlaut des § 305c BGB:
§ 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.
(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

Entscheidung des Bundesgerichtshof:
Der Bundesgerichtshof stellt klar, dass derart überraschende Klauseln unwirksam sind.
Der Klägerin steht kein Zahlungsanspruch zu, weil die formularmäßige Entgeltabrede überraschend ist. Derartige Grundeintragungen in Internetverzeichnisse seien zwar nicht generell, aber häufig unentgeltlich. Die Entgeltabrede sei hier zwischen anderen Angaben so versteckt eingefügt worden, dass sie durchaus übersehen werden könne und mit einer solchen Klausel nicht gerechnet werden müsse.
Nach § 305c BGB, der auch gegenüber Unternehmern Anwendung findet (§ 310 BGB), werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Überraschenden Inhalt hat eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht (BGH, Urteile vom 17. Mai 1982 - VII ZR 316/81, BGHZ 84, 109, 113; vom 18. Mai 1995 - IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19, 25; vom 11. Dezember 2003 - III ZR 118/03, NJW-RR 2004, 780 unter II 2 d aa; vom 9. Dezember 2009 - XII ZR 109/08, NJW 2010, 671 Rn. 12; jeweils m.w.N.). Generell kommt es dabei nicht auf den Kenntnisstand des einzelnen Vertragspartners, sondern auf die Erkenntnismöglichkeiten des für derartige Verträge in Betracht kommenden Personenkreises an.
Auch der ungewöhnliche äußere Zuschnitt einer Klausel und ihre Unterbringung an unerwarteter Stelle können die Bestimmung zu einer ungewöhnlichen und damit überraschenden Klausel machen.
Eintragungen in Branchenverzeichnisse im Internet sind zwar nicht generell, aber in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich. Die berechtigte Kundenerwartung wird in der vorliegenden Fallgestaltung nicht hinreichend deutlich korrigiert. Die Bezeichnung des Formulars als "Eintragungsantrag Gewerbedatenbank" macht nicht hinreichend deutlich, dass es sich um ein Angebot zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrages handelt. Der Hinweis auf die Vergütungspflicht in der Längsspalte geht im ihn umgebenden Fließtext unter.

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